| Mit nur 16 Minuten Konkurszeit war der gestrige Flug ab Rüdenhausen der schnellste und glatteste Flug der bisherigen Jungtaubenreise. Die Fluggeschwindigkeit war mit fast 1450 m/min recht hoch und die Tauben kamen überwiegend sehr hoch genau "aus der Richtung" teilweise wie Pfeile angeschossen. Vielleicht sollten sich einige Sportfreunde, die immer gegen gemeinsame Auflässe mit anderen RVen wettern, einfach mal diesen Flugverlauf ansehen.
Man kann an diesem Flug aber auch sehr schön sehen, wie in der aktuellen Phase der Jungtaubenreise die meisten Jungtauben (v.a. mauserbedingt) mit immer weiter zunehmender Entfernung immer langsamer werden. Denn als bei uns in der RV der Konkurs 1.322 m/min zu Ende geht, hat die RV Werl (hinter unserer RV liegend mit entsprechend mehr Kilometern) bei sehr ähnlicher Taubenzahl noch etwa 140 Preise zu vergeben nach dem gemeinsamen Auflass.
Und damit komme ich zu einem Punkt, der mir an diesem Wochenende wieder extrem aufgefallen ist: es gab auf der Südostrichtung teilweise wieder sehr zähe Flugverläufe mit langen Konkurszeiten und entsprechend auch viel zu vielen fehlenden Tauben am Abend in nicht wenigen RVen.
Aus meiner Sicht passiert da etwas, was seit Jahren nicht bedacht wird:
Die Reisepläne in vielen RVen werden heute für jene Jungtauben und Schläge gemacht, die ihre Tiere durch verdunkeln, belichten, sehr viel Training, Trennung der Geschlechter usw. vorbereiten. Diese Jungtauben können normalerweise relativ problemlos auch Strecken von 300, 350 oder auch einmal mehr Kilometern bewältigen. Auch, wenn wie gestern, das Wetter relativ warm ist.
Dummerweise werden aber in den meisten RVen die Mehrheit der Jungtauben von ihren Züchtern eben nicht so vorbereitet, sondern immernoch herkömmlich gespielt. Vom Brett ohne Verdunkelung oder Belichtung etc.
Was kommt am Ende dabei heraus? Die Jungtauben dieser Schläge sind in Anbetracht der Entfernungen, der relativ hohen Temperaturen und v.a. der landesweiten Trockenheit (die Tauben finden kaum irgendwo Wasser) schlicht überfordert. Sie setzen sich frühzeitig, pausieren und gehen nicht wieder hoch. Dadurch werden die Konkurszeiten lang und abends fehlen oftmals viel zu viele Tiere.
Wer das einmal genauer ansehen möchte, der kann gerne (beispielgebend) viele Flüge an diesem Wochenende in den Regionalverbänden 408, 409 oder auch 413 ansehen. Diese langen Konkurszeiten sind hausgemacht und die dort z.T. vielen fehlenden Tauben sind aus meiner Sicht den Reiseplänen geschuldet, welche viele Jungtiere einfach überfordern.
Seit mehreren Jahren wird uns nun (übernommen v.a. aus unseren westlichen Nachbarländern) von selbsternannten Fachleuten erzählt, dass man Jungtiere viel spielen müsse, weit spielen müsse und dass man sie richtig fordern solle.
Das Ergebnis dieser Denke ist, dass wir in Deutschland in den letzten zwei, drei, vier Jahren so viele Jungtauben verlieren wie nie (und dass obwohl wir die Jungtaubenkrankheit durch die Impfung weitgehend im Griff haben).
Es werden dann Theorien aufgestellt wie es zu den teilweise großen Verlusten kommt und dabei wird dann die Impfung in Verdacht gestellt, ebenso wie irgendwelche Handy-Strahlung oder atmosphärische Störungen infolge des Ukraine-Konfliktes usw.
Ich will gar nicht ausschließen, dass das alles auch eine Rolle spielen kann. Aber ein ganz großer Faktor bei den Verlusten ist die schlichte Überforderung vieler Jungtiere.
Sie werden zu weit geschickt, bei ungünstigen Wetterbedingungen seit Wochen und mit einem manchmal zu eng getakteten Programm.
Jungtauben, die sich verfliegen, die mal Pause machen, die eigentlich noch lernen müssen haben oftmals gar keine Chance mehr sich durchzuschlagen und eigenständig am Abend des Fluges, am Folgetag oder in den nächsten Tagen nach hause zu fliegen. Sie finden wenig Nahrung (auch wenn die Felder nun abgeerntet sind) und speziell in diesem Jahr auch sehr, sehr wenig Wasserstellen.
Es ist grundsätzlich nicht verkehrt anspruchsvolle Jungtaubenreisepläne aufzustellen und umzusetzen. Aber doch bitte nur mit Jungtauben, die dafür auch entsprechend vorbereitet sind. Den Jungtieren der vielen Sportfreunde, die auch heute noch herkömmlich gehalten und vorbereitet werden, sollte man keine Programme nach dem Motto "Friss oder stirb" zumuten.
Ich kenne es noch, dass herkömmlich gehaltene Jungtauben früher wie folgt gereist wurden: drei Vorflüge über 40, 60 und 80 KM. Dann, wenn das Wetter mitspielte 5 Preisflüge über 120, 140, 160, 180 und 200 KM und damit war es gut. Man verlor wenig Tauben und hatte oft im Folgejahr viele gute jährige Tauben. Heute sehen die Programme, bei immer weniger Tauben und einer immer größeren Fläche der RVen und FGs wie folgte aus.
Vorflüge über 40, 60, 80 und 100 KM, dann Preisflüge über 120, 150, 200, 250 und 300 und mehr KM. Dazu noch laufend Zwischenflüge über 80 oder 100 KM.
Für dafür vorbereitete Jungtiere ist das alles zwar anstrengend, aber doch oft leistbar. Für herkömmlich gehaltene Jungtauben wird solch ein Programm jedoch zu einem massiven Problem. Insbesondere dann, wenn auch Wetter- und Umweltbedingungen mit Hitze und Trockenheit entsprechend schwierig sind.
An dieser Stelle bin ich wieder an dem Punkt, den ich hier schon mehrmals bemängelt habe: der deutsche Brieftaubensport wird inzwischen von maximal 10 - 20 Prozent der Schläge ausgestaltet. Züchter, die unbedingt nach Erfolg und in der Folge nach Verkauf und Geld streben, treiben den ganzen Rest der Züchterschaft vor sich her. Sie diktieren die Reisepläne und Programme, profitieren dabei noch massiv von der Überforderung der Tauben der anderen Schlägen und sehen es gar nicht ein,einmal etwas zurück zu stecken. Eine Folge von diesem Vorgehen sind die teils großen Verluste in vielen Rven während der Jungtaubenreise.
Wer Jungtauben fordern und ein Stück weit professionell reisen will, der soll das gerne tun. Aber bitte nicht auf Kosten der anderen Schläge und Jungtauben, die nahezu genötigt sind die teilweise deutlich zu anspruchsvollen Programme mitzumachen.
Leider hat sich darüber hinaus auch noch folgendes eingebürgert: beklagen einzelne Sportfreunde genau diese vielleicht zu schweren Programme und die Verluste, so erhalten sie als Antwort lediglich: "Du brauchst ja nicht zu setzen." oder hinsichtlich der Verluste: "Du kannst ja mehr Tauben züchten."
Die Jungtaubenreise in vielen Regionen ist leider so gestaltet, dass sich der deutsche Brieftaubensport hier noch schneller sein eigenes Grab schaufelt, als es ohnehin schon der Fall wäre...
Kurz noch einmal zurück zu unserem Flug gestern: leider fehlten auch uns am Abend wieder drei Tiere. Allerdings habe ich das bei zwei der drei Tiere selbst verschuldet. Ich werde das morgen noch hier erklären.
Dafür kam gegen 18 Uhr eine junge Täubin vom Sonntag zuvor wieder nach Hause. Und ich hoffe auch, dass die drei noch fehlenden Jungtauben es ebenfalls noch heim schaffen. Dass unsere Jungtiere ansonsten fit waren zeigen dieses Mal mehr als 50 Prozent Preisausbeute und zu unserer Überraschung und Freude sogar der Gewinn einer Bronzemedaille. Da haben wir beim Vorbenennen einfach mal Glück gehabt. | | |
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