| Zu den angestrebten Reformen im deutschen Brieftaubensport, die nun vorgestellt wurden, betonen die Mitglieder des vorschlagenden Innovationsteams, dass es oberste Priorität bei allen Vorschlägen sei, wieder mehr Züchterzufriedenheit herzustellen. Es stellt sich die Frage was unter mehr Züchterzufriedenheit insgesamt zu verstehen ist. Denn während die einen vielleicht damit unzufrieden waren oder sind, wie sie selbst oder ihre RV innerhalb ihres Regionalverbandes ergebnistechnisch abschneiden, sind die anderen unzufrieden damit, dass fortlaufend Flüge verlegt werden. Wieder andere möchten keine Flüge über 500 Kilometer im Programm, andere Sportfreunde möchten viel mehr weite Flüge. Einige sind zufrieden und glücklich, wenn abends alle Tauben wieder im Schlag sind nach einem Flug und andere sagen, dass auch einmal eine Auslese über schwierigere Flugbedingungen stattfinden muss und nicht immer nur "Hurra-Flüge" veranstaltet werden sollen. Egal wie nun also ein neues Konzept im Detail aussieht, jeden reisenden Züchter mit den verschiedenen Ansätzen zufrieden zu stellen, ist unmöglich. Daher hat das Innovationsteam wohl zunächst einmal versucht die größten "Baustellen" zu bearbeiten.
Die scheinen insbesondere die ständigen Wechsel von Sportfreunden in andere RVen, andere Regionalverbände zu sein, sowie das oft zu schlechte Abschneiden einzelner RVen oder Schläge in den großen Regionalverbandspreislisten, insbesondere dann, wenn der Regionalverband durch seine Ausdehnung sehr Wind-, Wetter und Topgraphieanfällig ist.
Man hat sich nun u.a. darauf konzentriert wieder weg zu gehen vom "Zwang" mit dem ganzen Regionalverband reisen zu müssen über eine ganze Anzahl Flüge und möchte wieder mehr kleine Gruppen genehmigen, die bis hin zu den 500-Kilometer-Flügen, wenn sie möchten, wieder alleine ihre Flüge durchführen können. In dem zugehörigen Artikel in der Verbandszeitschrift "Die Brieftaube" wird dieses wie folgt beschrieben:

Es erscheint nachvollziehbar, dass man all die Unruhe und Streitereien, die durch die "Nötigung" der Züchter zur Teilnahme an den Flügen des gesamten Regionalverbandes durch die Zulassung von kleineren Gruppen wieder etwas besänftigen möchte. In solchen Dingen hilft aber immer ein wenig ein Blick in die Praxis.
Unsere Reisevereinigung hat im zurückliegenden Reisejahr die Saison mit etwa 40 reisenden Schlägen komplett alleine bestritten. Wir haben aus Gründen, die ich hier dargelegt hatte, nicht an den Regionalverbandsflügen teilgenommen. Da unsere RV eine sehr große Flächenausdehnung hat, ist sie in ihrer Größe durchaus vergleichbar mit den nun wieder angedachten kleineren Regionalverbandsgruppen. Was ist nun hier passiert? Durch die Auflässe alleine und ohne die Teilnahme anderer RVen an den Auflässen wurden unsere Flüge extrem "windanfällig". Viel mehr noch, als sie es bei gemeimsamen Auflässen im Regionalverband gewesen wären. So wie die Wind wehte, so fielen die Spitzentauben und so verteilten sich die Preise und die hohen Prozentzahlen an Preisen für einzelne Schläge.
Die Erfahrung zeigt ja nun seit vielen Jahren, dass Wind, Lage und Topgraphier, sowie v.a. auch die Masse der Tauben immer das Leistungsbild in einer Preisliste mehr oder weniger stark beeinflussen. Aber: die Erfahrung zeigt auch, dass sich sowohl Spitzentauben, als auch gute Ergebnisse etwas besser verteilen, wenn möglichst große Zahlen an Tauben aufgelassen werden.Gehen wir nun zurück zu kleineren Auflässen, dann wird dieses in Bezug auf die Unruhe in den Vereinigungen und die Wechselgedanken nichts besser machen.
Ich vertrete seit je her die Meinung: wir brauchen große gemeinsame Auflässe, möglichst auch schon auf relativ kurzen Dinstanzen, aber möglichst kleine und faire Preislisten. Es wird immer Diskussionen um Lage, Wind und Reiserichtung etc. geben. Aber wir würden uns vieles erleichtern, wenn wir aktiv große gemeinsame Auflässe fördern würden und gleichzeitig kleine Preislisten zur Auswertung diverser Meisterschaften heranziehen würden.
Wenn wir nun wieder hingehen und zulassen, dass RVen und kleine Gruppen unterschiedliche Auflassorte wählen können oder gar am gleichen Auflassort alle nacheinander auflassen dürfen, dann ist das im Sinne eines zukunftsgerichteten Brieftaubensports in Deutschland absolut kontraproduktiv. Wir erhoffen uns dadurch kurzzeitige Ruhe und eine Entlastung der Verbandsspitze und der Gremien durch weniger Streitigkeiten und Wechselwünsche und werden durch dieses Vorgehen auf die Dauer nichts gewinnen.
Der deutsche Brieftaubensport leidet unter seinem stetigen Mitgliederschwund. Wird heute eine Regionalverbandsgruppe genehmigt, so ist diese vielleicht schon in drei Jahren mangels Masse so nicht mehr finanziell überlebensfähig. Und dann? Gehen wir wieder zurück zu größeren Einheiten um eine Reise finanziell möglich zu machen? Dann sind wir so weit wie zuvor.
Ganz abgesehen davon, dass wir doch immer wieder die Frage stellen müssen: was wollen wir für Brieftauben züchten? Wollen wir die Tauben, die im kleinen Verbund schnell nach hause fliegen oder wollen wir die Tauben, die es trotz schwieriger Lage und Auflass im großen Verbund sicher ihren Weg finden und in die Preise fliegen?
In Deutschland wendet man sich bei der Suche nach besseren Tauben immer Richtung Westen und kauft Tiere in den Niederlanden oder Belgien. Gerade in den letzten Jahren sind dort Tauben in den Fokus gerückt, die sich bei großen gemeinsamen Auflässen teilweise schon als Jungtauben hervorragend gezeigt haben. Leidemann, de Bruijn, Vandenheede und wie sie alle heißen...niemand von diesen erfolgreichen Schlägen käme auf die Idee seine Tauben nur in kleinen Gruppen zu spielen und danach auszulesen. Man sucht dort die Taube, die sich aus dem großen Schwarm zeigt. Und wir hier in Deutschland wollen wieder den umgekehrten weg gehen? Das ist weder vernünftig für die Taube, noch gut in die Zukunft gedacht!
Ich halte Gruppenbildung und kleinere Preislisten für absolut richtig, da dieses etwas fairer die Ergebnisse abbilden kann, als eine Preisliste mit Teilnehmern die allzuweit auseinander liegen. Deswegen ist es gut, wenn wir, wo es nötig ist, kleinere Einheiten zulassen. Aber doch bitte nicht für die Auflässe! Ich frage mich ernsthaft wie man im Innovationsteam auf die Idee kommen konnte nun wieder kleinere Auflässe, in Gruppen, noch dazu eventuell am gleichen Auflassort, möglich machen zu wollen. Das tut der Zufriedenheit auf die Dauer nicht gut und unseren Tauben ohnehin nicht.
Es hilft an dieser Stelle auch nicht, wenn man sagt: "ihr müsst das doch nicht so machen! Ihr könnt auch alle zusammen auflassen und sogar mit mehreren Gruppen aus unterschiedlichen Regionalverbänden, wenn ihr wollt." Genau an diesem Punkt wird es nicht funktionieren den Züchtern und RVen mehr Freiheit zuzugestehen. Es wird dazu kommen, dass tatsächlich an einem Auflassort Züchter aus einem Regionalverband alle 10 oder 15 Minuten ihre Tauben in die Luft bekommen. Wenn dann noch, warum auch immer, einer dieser zu unterschiedlichen Zeiten gestarteten Flüge daneben geht, dann wird das Geschrei nochmals lauter als wir es kennen.
Aktuell hört man, dass es wieder einmal Anträge von RVen auf Wechsel in andere Regionalverbände gibt. Auch in Regionen, in denen Mitglieder des Innovationsteams beheimatet sind. Die Unruhe ist dort einmal wieder groß. Jeder denkt darüber nach was ihm zum Vorteil gereichen könnte und wie er etwas in seine Richtung bewegen kann. Dieses wird sich nicht ändern, indem wir nun kleinere Gruppen bilden. Auch auf den Rändern dieser Gruppen wird es dann wieder Unruhe und Wechselwünsche geben. Da wird auch eine Änderung im Wechselparagraphen (wie er in dem neuen Konzept angedacht ist) wenig bringen. Aber darauf komme ich später noch zu sprechen.
Nochmal: es kann durchaus zielführend sein zur Zufriedenheit der Züchter kleinere Gruppen zur Flugauswertung zuzulassen. Wie auch immer das am Ende aussehen mag. Aber wenn wir schon Meisterschaften als "Steuerelement" nutzen, um mehr Züchterzufriedenheit herzustellen, dann sollten diese Meisterschaften und die Rahmenbedingungen so gestaltet sein, dass wir nicht wieder dahin zurückgehen wo wir einmal waren und kleine Gruppen überall ihre Tauben starten. Das macht die Tauben nicht besser (eher im Gegenteil), macht es für die Flugleiter schwerer und führt auf Sicht gesehen nicht zu mehr Zufriedenheit der Züchter, sondern allenfalls sehr kurzfristig und punktuell. | | |
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