| Als ich vorhin den Jungtierschlag säuberte, musste ich spontan an meinen Opa denken und herzhaft lachen. Opa war ein begeisterter Brieftaubenzüchter. Im Schlag sah ich ihn selten ohne Eimer, Besen, Schüppe und Kratzer in der Hand. Bei Opa hatte der Schlag sauber zu sein und so kratzte er bei jedem Aufenthalt im Schlag alles was in der Zwischenzeit so angefallen war auf.
Jetzt, in der Mauserzeit, konnte er sich herrlich aufregen, wenn er einen Haufen mit Kot und Federn zusammengekehrt hatte und einige Tauben in Schlag aufflogen bevor er alles in den Eimer befördert hatte. Denn die gerade zusammengekehrten Federn flogen teilweise wieder im Schlag umher. Er schimpfte dann vor sich hin, aber niemals direkt mit den Tauben.
Opa hat in seiner Taubenzüchterkarriere selten ganz große Erfolge gefeiert. Aber er war immer mit Feuereifer und Ehrgeiz dabei und die RV war seine zweite Heimat. Hier hat er sich, solange es gesundheitlich ging, stets engagiert über Jahre und Jahrzehnte in verschiedenen Ämtern. Ein gutes Vereinsleben war ihm extrem wichtig. Er konnte sich auch herrlich über jene Züchter aufregen, die ihre Tauben einsetzten oder ihre Uhr zum Auslesen abgaben und dann wieder verschwanden ohne ein Bier zu trinken oder eine Bratwurst zu essen. Diese Sportfreunde waren ihm ein Graus, weil sie seiner Meinung nach wenig bis nichts zum Vereinsleben beitrugen.
Irgendwann einmal konnte man auch einen Bericht in der Verbandszeitung über meinen Großvater und einen seiner Vereinskameraden lesen, der ebensoviel Arbeit für unsere RV geleistet hatte. Beide wurden zu Ehrenmitgliedern ernannt weil sie diese Arbeit immer sehr uneigennützig und mit viel Zeitaufwand zum Wohl der Reisevereinigung geleistet hatten.
Ich weiß nicht ob Opa mit dem Zustand des heutigen Brieftaubensports glücklich wäre. Ich fürchte nicht. Er sagte hinsichtlich des Mitgliederschwundes zwar stets: "Das wird auch irgendwann wieder besser", aber hinsichtlich der verschiedenen Funktionäre und Ämter in unserem Hobby hatte er eine etwas andere Meinung. Er wies immer mal wieder darauf hin, dass man jedwedes Amt immer zum Wohl der Gemeinschaft ausüben solle und nicht zum eigenen Vorteil.
Heute ist es leider vielfach so, dass sich Menschen in diverse Ämter wählen lassen um dann zu versuchen persönlichen Nutzen durch Einfluss daraus zu ziehen. Manchmal gelingt es ihnen. Und wenn es gelingt, dann gibt es Organisationen, die im Grunde genommen nur noch im Interesse Einzelner gelenkt und geleitet werden. Gelingt diesen Personen es nicht eine Organisation in ihrem Sinn zu leiten, dann werfen sie schnell alles hin, kümmern sich wenig und geben ihr Amt schnell wieder auf.
Die Gemeinschaft, die meinem Opa so wichtig war, hat doch in unserer Gesellschaft und auch in unserem Brieftaubensport arg gelitten. Nicht überall, aber doch vielfach. Das ist insgesamt sehr schade und ich fürchte, dass Opas Optimismus, dass es mit unserem Hobby auch irgendwann wieder bergauf geht, genau deswegen auch ein Stück weit unangebracht war. | | |
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