| Zum vergangenen Flugwochenende hatte die Flugsicherungskomission empfohlen aufgrund der Wärme und der Schwüle Flüge auf maximal 250 KM mittlere Entfernung zu beschränken. Trotzdem gab es natürlich wieder RVen, Regionalverbände, Flugleiter und Züchter, die es besser wissen wollten und die dann Flüge auf über 300 KM Entfernung starteten.
Besonders auf der Südwest-Richtung war eigentlich klar, dass das teils schwierige Flugverläufe nach sich ziehen würde. So kam es dann auch - teilweise mit Konkurszeiten von mehr als zwei oder drei Stunden und zunächst vielen fehlenden Tauben.
Diese Flüge offenbaren einmal mehr das ganze Dilemma im deutschen Taubensport: wenn wir schon eine Flugsicherungskomission benötigen, weil man den eigens ausgebildeten Flugleitern nicht wirklich traut, dann sollte diese FSK auch klare Vorgaben treffen und nicht halbgare Empfehlungen. Entweder sagt man: "Flüge über 250 KM sind an diesem Wochenende verboten!" oder man lässt es ganz.
Nun kann sich die FSK mal wieder damit befassen Flugleiter zu verhören und möglicherweise die Lizenz zu entziehen, die sich nicht an die Empfehlungen halten wollten.
Diese Flugverläufe offenbaren unser Dilemma im Taubensport aber noch von einer ganz anderen Seite:
wie wenig Gefühl und Taubenverstand muss man haben, sich nach so einem schweren Flugverlauf (in der Woche zuvor war es teilweise übrigens genau das Gleiche) hinzustellen und zu sagen: "Das konnte man nicht vorhersehen, dass es so schwierig wird." Natürlich konnte man das vorhersehen. Rven, die bisher ihre Jungtiere nur in der eigenen RV und nicht in der FG oder gar im Regionalverband gereist haben, kommen dann zum Ende der Jungtierreise auf die Idee ihre Tiere bei schwierigen Bedingungen plötzlich im großen Verbund zu setzen, als würde das den jungen Tauben nichts abverlangen. Durch den großen Verbund fliegen die Jungtiere nun mal andere Routen - das lässt sich gar nicht vermeiden. Und wenn dann die Hitze kommt, dann setzen sie sich hin und warten, dass es kühler wird und haben Durst.
Warum soll ein Jungtier, dass vielleicht noch gut im Federstand ist, weil es verdunkelt und/oder belichtet wurde, aber einfach "vom Brett" gereist wird, sich denn bei mehr als 30 Grad und schwüler Luft nach hause quälen?! Die Jungtaben fliegen, wenn sie noch können, irgendwann nach hause, aber sicher nicht in der Nachmittagshitze. Das alles zusammen führt dann logischerweise zu langen Konkurszeiten.
Flugleiter und Züchter, die sich dann hinstellen und sagen, dass man das nicht vorhersehen konnte, haben wirklich wenig Kenntnis von Brieftauben.
Damit möchte ich zu einem weiteren Punkt im deutschen Brieftaubensport kommen: es wird gesagt, dass wir die Jungen mehr fordern und mehr auslesen müssen über anspruchsvollere Flüge. Dazu werden dann Reisepläne von 100 bis 350 KM gemacht. Jungtiere, die entsprechend den Federstand haben, können das bei angemessenem Wetter auch gut bewältigen. Es wird aber völlig ausgeblendet, dass wir in Deutschland - ob wie es wollen oder nicht - noch einen ganzen Teil an Züchtern haben, die ihre Jungtiere im Frühjahr herkömmlich züchten und weder verdunkeln noch belichten.
Diese Züchter schließend wir ab spätestens 200 oder 250 KM komplett von den Flügen aus, wenn sie ein wenig Taubenverstand haben und ihre Jungtauben nicht unbedingt überfordern wollen. Es kann aber doch nicht das Ziel sein Reisepläne zu entwickeln, die von vorneherein nicht wenige Züchter praktisch von der Teilnahme ausschließen.
Was ich vor einiger Zeit schon in Bezug auf die Altreise geschrieben habe, gilt genauso für die Jungtierreise: wir müssen durch unser Reisesystem endlich Möglichkeiten entwickeln, dass Züchter ihre Tauben so reisen können, wie sie es möchten. Warum ist es nicht möglich zu sagen: die RVen bieten fünf oder sechs Jungtierflüge bis 250 KM an und parallel dazu gibt es ab dem dritten oder vierten Flug Regionalverbands- oder überregionale Flüge bis meinetwegen 400 oder 450 KM, an denen dann jene Sportfreunde teilnehmen können, die ihre Jungtiere entsprechend vorbereitetet haben und mehr fordern wollen?
So oder so ähnlich müsste es doch möglich sein eine Jungtaubenreise zu gestalten.
Stattdessen feiern sich Sportfreunde für Serienpreislisten und Spitzenpreise mit ihren verdunkelten und belichteten und viel trainierten Jungtieren, die sie gegen eine Konkurrenz errungen haben, die man fast nicht als Konkurrenz bezeichnen kann. Eine Jungtaube, die schon voll in der Mauser ist kann eben nicht mit Tieren konkurrieren, die voll in den Federn stehen. Zumal dann nicht, wenn das Wetter es ihnen schwer macht.
Wir sollten doch endlich Möglichkeiten schaffen, dass alle Sportfreunde ihre Tauben so halten und reisen können, wie sie das möchten.
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