| Ein Sportfreund aus einer Nachbar-RV in unserem Regionalverband stellte gestern in einer Facebook-Gruppe die bekannte Frage nach der "Lage". Er erklärte, dass die Tauben bei Ostwind deutlich weiter westlich fliegen und "von hinten zurück kommen" und er dadurch folgerichtig weniger Preise und weniger Spitze fliegt. Dieses führe zu Unzufriedenheit bei einigen Sportfreunden.
Ich denke, dass es diese Diskussion gibt so lange es Brieftaubensport gibt. Die Beobachtung des Sportfreundes ist eine Beobachtung, die fast jeder Züchter schon gemacht hat, der nicht ganz am Ende seiner RV liegt.
Sobald eine solche Frage gestellt wird haben viele Sportfreunde etwas beizutragen. Der eine dieses, der andere jenes....es gibt nichts worüber im deutschen Brieftaubensport so gerne diskutiert wird wie die "Lage".
Es wird niemand leugnen können, dass bei Rückenwind eine Lage im hinteren Gebiet einer Konkurrenz vorteilhaft ist. Die Fluggeschwindigkeiten sind hoch, die Tauben fallen oft zuerst im hinteren Teil der RV (oder der FG oder des Regionalverbandes) und obendrein bekommen die Züchter im hinteren Teil dann noch "Minuten gut geschrieben für die längere Strecke, welche die Tauben fliegen müssen.
Es gibt vielleicht Modelle mit denen man dieses rechnerisch in einer Preisliste ausgleichen könnte. In denen man den Wind und die Lage mit berechnet und ähnlich wie beim Skispringen vielleicht Anpassungen vornimmt.
Ich finde allerdings, dass dieses gar nicht unbedingt notwendig ist. Denn es gibt nun einmal Reisejahre mit viel Rückenwind und Reisejahre mit viel Gegenwind oder Seitenwind....und die Beobachtung zeigt: egal wie die Winde über eine ganze Saison verteilt waren - am Ende stehen fast immer die gleichen Sportfreunde an der Spitze der Meisterschaften.
Es wäre nun einfach zu behaupten, dass es eben ausschließlich an der guten Taube liegt. Das tut es selbstverständlich nicht. Aber ohne eine gute und orientierungsstarke Taube in einer entsprechenden Form geht überhaupt nichts. Nicht vorne, nicht hinten und nicht in der Mitte.
Gestern habe ich beschrieben, dass unser Schlag beim zurückliegenden Preisflug am Sonntag ein sehr gutes Ergebnis erzielen konnte. Wir hatten Tauben in der Spitze und machen prozentual viele Preise. Wir liegen mit unserem Schlag genau in der Mitte unserer RV. Am Sonntag hatten wir östliche Winde und viele Tauben überflogen und kamen von hinten zurück. Aber: unsere ersten Tauben, die früh waren in der Preisliste, kamen praktisch genau "aus der Richtung". Später kamen dann die Tauben auch "von hinten" aus dem Nordwesten zurück. Trotzdem flogen noch viele einen Preis.
Nun müsste es logischerweise so sein, dass die Schläge nordwestlich von uns die Tauben auf diesem Flug deutlich besser bekommen hätten, als wir selbst. Aufgrund "der Lage". Ja, auch dort gab es sehr gute Ergebnisse. Aber auch viele schwache Resultate. Und selbst weiter vorgelagert in unserer RV (die ja obendrein flächenmäßig sehr groß ist) gab es sehr gute Ergebnisse und frühe Tauben in der Preisliste.
Wie erklärt sich dieses wo es doch eigentlich so sein müsste, dass man im hinteren Teil der RV durch den Wind bevorteilt gewesen wäre? Es gibt an dieser Stelle für mich zwei entscheidende Faktoren: die gute Taube, die sich rechtzeitig von den anderen löst und ihren Weg dann eigenständig nach hause fliegt und ein noch entscheidenderer Faktor scheint mir die Form der Taube zu sein.
Eine gute Taube in sehr guter Form überfliegt nicht kilometerweit. Sie bleibt nicht so lange im Schwarm wie es geht, sondern verlässt diesen und fliegt nach hause. Unsere Tauben hatten scheinbar am Sonntag diese Form und sind dann entweder schon sehr frühzeitig alleine geflogen und sind noch "aus der Richtung gekommen" oder aber sie sind etwas mitgeflogen und dann sehr zeitig früh abgebogen und umgekehrt.
Man muss sich nichts vormachen: selbstverständlich ist es mit einer entsprechenden Lage in einer Konkurrenz einfacher viele Preise zu erzielen. Je nachdem wie der Wind nun weht und wie die Masse an Tauben fliegt. Da macht manche durchschnittliche Taube dann mal einen Preis, die bei einer schlechteren Lage keinen Preis erzielen würde. Und so fliegt ein Schlag bei Rückenwind im hinteren Teil der RV manchmal hohe Prozentzahlen, während der Schlag vorne wenige Preise macht. Und so macht ein Schlag vorne in der RV bei Kopfwind und einem schweren und weiterem Flug mal mehr Preise als ein Schlag hinten, weil die Tauben nach hinten raus langsamer werden. Das können wir leider nicht beeinflussen.
In einer großen Flächen-RV wie unserer ist es beispielsweise auch schwieriger "in der Mitte" einen ersten Konkurs zu fliegen. Egal wie der Wind weht und über welche Seite die Tauben fliegen. Meistens fällt doch irgendwo auf dem Rand eine Taube, die dann schneller ist. Dafür hat man mittig gelegen den Vorteil. dass es egal ist über welche Seite die Tauben kommen. Wenn bei einem mittig gelegenen Schlag die erste Taube angekommen ist, dann müssen die weiteren Tiere schnell kommen bei einem "normalen" Flugverlauf. Gibt es größere Pausen, dann stimmt etwas mit der Form der Mannschaft nicht.
Jede Lage kann ihre Vor- und ihre Nachteile haben. Es bringt wenig sich ständig damit zu beschäftigen. Sonst muss man umziehen und seinen Schlag woanders bauen und sagen: "Hier habe ich nun eine gute Lage."
In unserem Regionalverband liegt unsere RV vorne östlich vorgelagert. Unsere RV ist, wie schon beschrieben, sehr groß von der Fläche. Wir konkurrieren mit RVen die eine viel kleinere Fläche haben und hinter uns liegen. Jeder kann sich ausrechnen und in den letzten Jahren auch ansehen und verfolgen, wie das aussieht, wenn wir östliche Winde haben. Dann fliegt unsere RV manchmal innerhalb des Regionalverbandes nur 12 oder 15 Prozent Preise. Wenn man dann eine Chance haben will im Regionalverband trotzdem in den Meisterschaften vorne dabei zu sein, dann müssen die Tauben und die "Zähler" Topform haben. Sie fliegen dann trotzdem ihren Preis auch wenn es schwierig ist. Auch dann müssen sie sich lösen und alleine in die Preisliste fliegen.
Es geht immer nur um die Qualität der Taube und ihre Form. Wenn beides da ist, dann geht es trotzdem irgendwie - egal wie die Lage ist. Manchmal ist es schwierig, manchmal geht es gut. Das macht ja auch den Reiz des Brieftaubensports aus.
Wenn man viele Tauben reist in Relation zur Gesamtzahl der Tauben in einer Konkurrenz, dann ist es insgesamt natürlich von Vorteil "in der Mitte" zu liegen. Dann muss man, egal wie der Wind weht und was sonst noch los ist, seine Preise fliegen. Wer zentral liegt und gute Tauben in einer entsprechenden Verfassung hat, der wird am Ende auch oft vorne in den Meisterschaften mit dabei sein. Auf den Rändern ist es manchmal schwieriger. Aber auch dort geht es und v.a. dort kann man oft auch durch Spitzenpreise glänzen.
In unserem Regionalverband führen wir die Diskussion um die Lage auch seit vielen Jahren. Auch in der letzten Versammlung war es wieder ein Thema. Es ist nicht einfach und man kann den Wind nicht beeinflussen. Manchmal ist es einfach so, dass auch der Wind über eine Reisesaison vieles entscheidet. Wir haben in der zurückliegenden Versammlung im Regionalverband beschlossen, dass es für die interne Regionalverbandsmeisterschaft pro Schlag einen Streichflug gibt. Damit ist zumindest ein Versuch gestartet die größten "Windprobleme" ein wenig zu abzumildern. Ich denke das war eine anständige Lösung.
So etwas könnte man auch in RVen versuchen, wenn es gewünscht ist. Aber wenn der Wind über eine ganze Saison bestimmte Schläge etwas bevorteilt, dann kann man es auch nicht ändern. Dann muss man damit leben und versuchen Tauben zu züchten, die auch diesen Nachteil ausgleichen können und diese Tauben muss man dann in die entsprechende Form bringen. Was anderes bleibt einem nicht übrig. | | |
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