| Zu meinem gestrigen Eintrag über die herausragenden Leistungen einzelner Schläge schrieb mir ein Züchter, dass man dort einmal Doping-Kontrollen vornehmen solle. Ich persönlich möchte nicht sofort unterstellen, dass Züchter, die mit ihren Tieren auf den Flügen hervorragende Ergebnisse erzielen, diese beispielsweise durch Doping erreichen.
Es gibt einfach Sportfreunde, die mehr Talent haben als andere. Mehr Talent die Tauben zu führen, zu motivieren und überhaupt gute Tauben zu züchten. Fast jeder hat in irgendeiner Form einmal Fußball gespielt und doch gibt es nur ganz wenige Spieler, die es in die Bundesliga schaffen, Nationalspieler werden oder gar Torschützenkönig, Weltfußballer usw. Man sollte nie vergessen, dass auch in unserem Brieftaubensport das Talent eines jeden einzelnen Züchters (und natürlich einer jeden einzelnen Taube) eine große Rolle spielt.
Trotzdem wirft auch Rainer Püttmann im Vorwort der aktuellen Ausgabe der "Brieftaubensport International" das Thema Doping auf und berichtet, dass in unserem Nachbarland Belgien durch den Verband bereits vor Beginn der Reise in verschiedenen Beständen Doping-Kontrollen durchgeführt wurden. Ordnungsgemäß durchgeführte Kontrollen sind nicht eben kostengünstig. Insofern scheint mir bei diesem Vorgehen zumindest eine Art allgemeiner Anfangsverdacht zu bestehen, dass im belgischen Brieftaubensport zumindest punktuell mit verbotenen Mitteln gearbeitet wird um Erfolge zu erzielen.
Dieses bleibt vermutlich am Ende auch nicht aus, denn es geht auch im Brieftaubensport, in Belgien noch deutlich mehr als bei uns in Deutschland, teilweise um viel Geld und enorme Summen. Da kann der ein oder andere Züchter schon einmal dazu verleitet werden gegen die Vorschriften zu verstoßen. Ich denke hier unterscheidet sich der Brieftaubensport letztlich nicht von Spitzensportarten wie Leichtathletik, Radsport, Schwimmen oder vielleicht auch Fußball.
In Belgien scheint man Interesse daran zu haben etwaige Unregelmäßigkeiten aufzudecken. Oder sind diese Kontrollen eher eine Art Feigenblatt nach dem Motto: "Wir haben alles getan, was wir tun konnten. Hier bei uns im belgischen Brieftaubensport gibt es kein Doping."
Dazu möchte ich einige persönliche Erfahrungen schildern: im Jahr 2021 wurde auch in unserem Schlag eine Dopingkontrolle durch den deutschen Brieftaubenverband durchgeführt. Das Vorgehen hinsichtlich dieser Probe ließ mich persönlich allerdings etwas nachdenklich zurück.
Gegen Ende der Reisesaison erhielten wir einen Anruf durch einen Verantwortlichen des deutschen Brieftaubenverbandes, dass bei uns eine Doping-Kontrolle durchgeführt werden solle. Ich wurde gefragt wann wir noch welche Flüge auf dem Programm hätten. Es standen noch zwei Flüge an. Ein 300 KM-Flug und der abschließende 600er. Ich bot an, dass man jederzeit vorbeikommen könne. und erhielt die Antwort, dass es für den 300er nun doch zu kurzfristig sei. Ich schlug vor, dass man vor dem 600er kommen könne und erwähnte, dass wir aber bereits am Donnerstagabend wieder einsetzen müssten. Daraufhin erhielt ich zur Auskunft, dass man diese Kontrollen den Tauben vor dem 600er nicht antun wolle. Ich sagte, dass man dann ja bei der Rückkunft der Tauben vom 600er Proben entnehmen könne. Dieses Mal sagte mir der Verantwortliche des Verbandes, dass er dann selbst einen Flug mit seinen Tauben habe. Das sei auch schwierig. Auf meine Frage wann und wie die Kontrolle denn dann stattfinden solle, erhielt ich schließlich die Antwort: "Wir kommen dienstags nach dem 600er". Ich nahm das so hin und wartete dann auf die Dinge, die da kommen sollten.
Wir sollten unsere Tauben also donnerstags für den 600er einsetzen, samstags sollten sie wieder kommen und dienstags sollte dann eine Kontrolle sein. Wir erzielten von diesem Flug, der von 600 auf 500 KM zurückgenommen wurde, von 17 eingesetzten Tauben 10 Preise und genau diese 10 Preisflieger wurden kontrolliert. Das lief alles sehr ordentlich und taubengerecht ab. Aber ich stellte die Frage, ob es so lange nach dem Flug überhaupt Sinn mache noch zu testen. Die knappe Antwort: "Doch, doch....wenn da was Verbotenes drin ist, dann findet man das schon." Ich musste das so glauben, denn mit dem Thema hatte ich mich konkret noch nie befasst.
Wir erfuhren dann noch, dass nach unserer Probe noch bei einem weiteren Züchter in einer Nachbar-RV, der sehr erfolgreich reiste, eine Probe genommen werden sollte. Der Zufall wollte es, dass ich mit diesem Sportfreund (den man uns zu dem Zeitpunkt verständlicherweise namentlich nicht nennen durfte) durch einen Gutschein in Kontakt kam und auch er zeigte sich damals sehr überrascht über das Vorgehen.
Weitere Details darüber, wie bzgl der Tests dann vorgegangen wird, wie die Auswahl der Züchter, die getestet werden sollen, erfolgt, erspare ich mir an dieser Stelle. Allerdings fand ich es ein wenig befremdlich, dass die Probe im Juli genommen wurde und wir erst im Oktober oder November schriftlich Bescheid erhielten, dass alles in Ordnung war und nichts Auffälliges gefunden wurde.
Wie auch immer: ich hatte ein wenig den Eindruck, dass diese Kontrollen, die vom FCI wohl auch vorgeschrieben sind, eher eine Art Routine waren, bei der man gar nicht wirklich bestrebt war etwas Negatives zu finden.
Und da komme ich zu dem entscheidenden Punkt: könnte es sich unser deutscher Brieftaubensport in seiner aktuellen Situation (schlechtes Image, Tierschutzgedanken, enormer Mitgliederschwund) überhaupt "leisten" einen Betrug jedweder Art aufzudecken? Hat man, wenn denn irgendwo betrogen wird, überhaupt Interesse daran diesen Betrug aufzudecken? Was würde wohl passieren, wenn ein oder mehrere Schläge in unserem Verband wegen Unregelmäßigkeiten überführt würden? Ich kann das an dieser Stelle nicht abschließend beantworten.
Wie Verbände in Betrugsfällen allerdings teilweise vorgehen, las ich vor nicht allzu langer Zeit in dem Buch "Feinde des Sports" des deutschen Doping-Experten Hajo Seppelt. Dieser Journalist befasst sich seit gut zwei Jahrzehnten mit Doping im Spitzensport und neben vielen anderen interessanten Details verwunderte es mich am Ende nicht, dass die Verbände im Radsport oder der Leichtathletik in letzter Konsequenz gar kein wirkliches Interesse daran hatten Betrug aufzudecken.
Ich möchte nicht behaupten, dass Doping im (deutschen) Brieftaubensport betrieben wird. Vorstellbar ist es allemal, wenngleich es sicherlich nicht so einfach ist eine Brieftaube dauerhaft zu dopen. Dazu benötigt es vermutlich viel Wissen und viel System. Es wäre schön, wenn es nicht so wäre und ich denke, dass die allermeisten Erfolge durch einen motivierten, guten Züchter, hervorragende Tauben und ein passendes System erzielt werden. Aber wenn man schon Kontrollen durchführen muss und durchführen möchte, dann sollten diese doch - wenn das rechtlich so machbar ist - unangekündigt und kurzfristig und unmittelbar vor oder nach einem Flug erfolgen. Und bei allen Kosten, die das so mit sich bringt, wäre es sicherlich angezeigt diese Kontrollen planmäßig deutlich häufiger durchzuführen als vier oder sechs einzelne Proben bei einzelnen Beständen im Jahr. Und sollten unsere Erfolge irgendwann einmal wieder so groß sein, dass man meint bei uns eine Kontrolle durchführen zu müssen: bei uns steht die Tür jederzeit offen. Auch ohne Ankündigung.
Im Bild noch die Veröffentlichung unseres negativen Befundes von damals. Man sagte uns seinerzeit, das sei ja auch so etwas wie "Werbung".....wir wollten eigentlich gar keine Werbung. Wofür auch?!
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