| Wenn man auf die vielen Totalverkäufe blickt, welche derzeit immer wieder durchgeführt werden, weil Sportfreunde verstorben sind oder aus gesundheitlichen oder sonstigen Gründen das Brieftaubenhobby nicht mehr ausführen wollen, dann hat man sehr schnell ein Bild davon wohin sich unser Hobby schon in sehr absehbarer Zeit entwickelt.
Dazu gibt es dann noch jene Sportfreunde, die plötzlich entdecken, dass sie viel zu viele Tauben haben, dass sie aus beruflichen und sonstigen Gründen einen (großen) Teil ihrer Tauben verkaufen wollen, aber das Hobby nicht vollständig beenden möchten.
Während ich bei einem Totalverkauf sicher mal eine Taube kaufen würde, würde ich bei diesen Teilverkäiufen ganz sicher keine Taube erwerben. Denn auf eines kann man da garantiert wetten: die besten Tauben werden dort niemals abgegeben. Da geht es dann doch in erster Linie darum noch schnell viel Geld zu verdienen. Aber da man den Brieftaubensport dort weiter ausüben möchte, kann sich der abgebende (und oft sehr gut reisende Schlag) nicht leisten seine besten Tiere zu verkaufen. Wenn man einige Wochen nach diesen Auktionen mal durch diese Schläge gehen würde, dann würde man sich auch wundern wieviele der angeblich verkauften Tauben dort immernoch sitzen...
Witzig finde ich es auch, wenn einige der Verkaufsschläge bestimmte Tauben unter ihrem eigenen Namen versteigern und wieder andere Tauben unter dem Namen eines Maklers verkaufen. Auch da steckt letztlich nur eine Marketingstrategie dahinter.
Das wäre alles überhaupt nicht zu diskutieren, wenn sich durch die vielen An- und Verkäufe das Niveau im deutschen Brieftaubensport insgesamt verbessern würde. Allerdings ist mein Eindruck, dass eher das Gegenteil der Fall ist. Es scheint mir doch, dass die Tauben in Bezug auf gesundheitliche Robustheit, auf Heimkehrwillen und Heimkehrvermögen usw. in der Masse gesehen immer schwächer werden (was letztlich auch zu größeren Verlusten führt).
Man sollte da schon ehrlich sein: wenn ein gut reisender Schlag etwa einhundert Jungtauben züchtet...wieviele wirklich Gute sind denn nachher darunter? Zwei? Drei? Fünf`? Wenn es fünf waren, dann war es ein herausragender Jahrgang!
Selbst ein sehr gut reisender und züchtender Schlag hat nur wenige Tauben von denen er annhähernd weiß, dass sie relativ regelmäßig sehr gute Nachzucht bringen. Kann er diese Tauben abgeben? Die Elterntiere sowieso nicht und die Jungtiere benötigt er zunächst selbst und kann sie erst im Sommer vielleicht verkaufen oder sonstwie abgeben.
Wenn ein Schlag Männchen und Weibchen nach totaler Witwerschaft reist, dann würde ich mir dort eher keine Jungtauben für die Reise holen. Denn die Jungtiere aus seinen besten Tauben braucht dieser Schlag selbst.
Wenn ein Schlag nur mit Weibchen reist, dann kann man sich dort, wenn man mit dem Züchter ein persönlich gutes Verhältnis hat, sicher auch mal Männchen für die Reise holen, um diese selbst zu testen. Das bringt dann manchmal auch den abgebenden Schlag weiter.
Und wenn ein Schlag, so wie wir hier, nur mit Männchen reist, dann kann es Sinn machen dort nach Weibchen für die Reise zu fragen, damit diese auch getestet werden.
Alles andere macht wenig Sinn. Will man Tauben aus den Allerbesten haben, dann muss man eben Geduld haben und vielleicht bis zum Sommer warten. Oder manchmal auch bis zum nächsten Jahr.
Aber zu glauben, dass man aus den Allerbesten einfach so irgendwann etwas in einer Internet-Auktion kaufen kann - das ist meiner Ansicht nach doch sehr gutgläubig. Auch wenn es da sicher Ausnahmen gibt.
Ich hatte gestern ein Telefonat mit einem befreundeten Züchter aus dem Rheinland, der auch sehr stark spielt. Er sagte mir, dass er in diesem Jahr gar keine Taube gekauft hat und nur hier und da eine getauscht.
Das Gleiche haben wir hier auch praktiziert. Wir haben wenige Tauben getauscht und das war es. Wenn wir wirklich mal bestimmte Tauben haben wollen, dann nehmen wir sicher auch mal Geld in die Hand und kaufen sie. Wobei das garantiert keine riesigen Summen sein werden.
Für die wenigen Jahre, die wir den Brieftaubensport noch in der jetzigen Form ausüben werden (einfach mangels Züchtern überall), muss man nicht wer weiß wieviele Tauben haben und wer weiß wieviel Geld investieren.
Wenn jemand natürlich sagt, dass er es sich leisten kann hier und da Tauben auch für große Summen zu kaufen, dann kann er das tun. Er sollte aber wissen, dass auch diese große Summe mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit eine Fehlinvestition war.
So ist es leider im Taubensport. Gute Tauben sind dünn gesät. Sehr gute Tauben sind sehr dünn gesät. Und herausragende Tauben, die ihre Qualität über Generationen weitergeben und einen Schlag deutlich über Jahre nach vorne bringen, sind fast wie ein Gewinn im Lotto und extrem selten. Und für den "Normal-Züchter" auch praktisch nicht zu bekommen und zu bezahlen. Das macht aber auch den Reiz der Brieftaubenzucht aus.
Als ich am Samstag unsere jungen Vögel auf den Witwerschlag gesetzt habe, habe ich mich bei jeder einzelnen Taube gefragt ob sie wohl die Qualität hat ein wirkliches As zu werden. Im Grunde genommen hätte man nur die behalten sollen, von denen man das wirklich gedacht hat.....aber andererseits: was versteht man schon wirklich von Brieftauben? | | |
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