| Gestern stellte ein Sportfreund bei Facebook ein Augenfoto einer Taube ein und bat um Meinungen zu dem Thema. Wie immer brandete unmittelbar eine Diskussion über den Wert der Augentheorie auf, die einen erklärten die Taube habe ein hervorragendes Auge, die anderen erklärten das sei alles Unsinn, der nächste berichtete er habe viele Asse gesehen, die keine guten Augen hätten und ein anderer sagte in der Zucht von sehr guten Reisetauben habe praktisch immer mindestens ein Elternteil dieser Taube ein hervorragendes "Zuchtauge".
Persönlich verstehe ich viel zu wenig von der Augentheorie als dass ich mir da ein Urteil bilden könnte. Ich habe mich damit zwar immer mal beschäftigt, aber so wirklich "warm" geworden bin ich damit nicht. Ich kann sehen ob die Taube einen Wertring hat, ob er breiter oder schmaler ist, ob er flach ist oder in das Auge "tief" eingegraben. Ich kann mit einer Lupe die Striche im Wertring erkennen und ich kann auch sehen, ob die Iris der Taube viel Farbe entält und ob diese dick aufliegt oder nur wenig, ob "Krater" in dieser Farbe sind usw.
Ich kann mir wahrscheinlich auch, wenn ich darauf nun viel wert lege, relativ schnell einen ganzen Schlag voll Tauben züchten, die sehr gute Augen nach dieser Augenzeichenmethode haben. Ob ich damit dann viele Asse habe oder mehr Asse als andere Züchter? Ehrlich gesagt weiß ich es nicht.
Ich kann auch nicht beurteilen wie es wäre, wenn ich nur noch Zuchttauben mit hervorragenden Augenzeichen hätte. Oder ist es vielleicht besser auch beim Auge so etwas wie Ausgleichspaarungen vorzunehmen? Also sehr gutes Auge gepaart an ein durchschnittliches Auge?
Kenner auf dem Gebiet haben mitr gesagt, dass unsere besten Tauben der letzten Jahre, wenn ich ihnen auch die Eltern gezeigt habe, aus Tieren stammten, wo auch zumindest ein Elternteil ein sehr gutes Auge hatte.
Seitdem achte ich nach meinen Möglichkeiten ein wenig auf die Augen ohne von mir zu behaupten, dass ich Ahnung davon hätte. Aber doch sehr nachrangig.
Wenn ich mir eine Taube dazu hole oder wenn wir eine Taube in die Zucht setzen, dann schauen wir zunächst auf ihre Leistung und/oder die Leistung der Eltern. Die muss so gut sein, dass wir sagen, dass es lohnt eine solche Taube mal in der Zucht zu testen. Dann nehmen wir die Taube in die Hand. Wir achten dann nicht auf besondere körperliche Merkmale. Aber uns muss sie Taube gefallen. Das ist ja eher so ein Gefühl. Es gibt große und kleine Tauben, es gibt Tauben mit ganz weichem Federwerk (eher selten) oder mit normalem Federwerk, es gibt Tauben mit sehr geschlossenem Becken und Tauben, deren Becken etwas offen ist. Es gibt Tauben mit starkem Rücken oder normalem Rücken oder eher schwachem Rücken. Die Schwingen der Taube können unterschiedlich sein, es kann eine Decalage vorhanden sein oder nicht, die Muskulatur kann von ganz unterschiedlicher Qualität sein.... es gibt zig Dinge auf die wir konkret achten könnten.
Aber letztlich verzettelt man sich dabei nur. Wir nehmen eine Taube in die Hand, wissen um ihre Leistung oder die Leistung ihrer Eltern und dann können wir nach 5 Sekunden sagen ob uns die Taube zusagt oder eher nicht.
Viel wichtiger als all diese Faktoren ist aber letztlich dann doch das Benehmen der Taube. Passt sie zu uns und unserer Schlagführung? Wie benimmt sich die Taube im Schlag? Wir hatten vor Jahren mal drei Tauben von Hubert Borker aus Lingen gekauft. Diese stammten aus einem Sohn des 330 von Günter Prange gepaart an eine Tochter des Ringlosen. Es waren tollte Tauben in der Hand und auch gute Tauben. Da kann man gar nichts sagen. Aber man merkte genau, dass Günter Prange von seinen Tauben sagt, dass sie oft "sehr stur" seien. Die Tiere ließen sich schwer umpaaren, sie hatten in vielen Dingen ihre Eigenarten. Eigentlich Tauben wie sie sein müssen, mit eigenem Willen. Aber für die wenige Zeit, die wir den Zuchttauben widmen können und für die Art wie wir sie führen war das auf die Dauer zu anstregend und so haben wir sie aussorrtiert. Wahrscheinlich ein Fehler, denn wir hatten auch schon sehr gute Nachzucht. Aber es muss einfach in allen Bereichen zwischen Taube und Züchter richtig harmonieren.
Zurück zu den Augen: Wenn wir alle anderen Faktoren betrachtet haben, also den Leistungshintergrund der Tauben, ihre körperliche Konsitution, ihr Benehmen und ihren Charakter, dann schauen wir auch mal darauf wie die Augen beschaffen sind. Vielleicht hilft das ein wenig. Aber alles in Allem wird doch diese Diskussion in jedem Jahr wieder viel zu angestrengt geführt. Es gibt doch bei weitem viel wichtigere und entscheidendere Dinge rund um eine Taube, als ihr Auge.
Was mich aber schon interessiert ist insgesamt der naturwissenschaftliche Hintergrund hinsichtlich der Taubenaugen. Und da gibt es einige wirklich interessante Aspekte. So sehen Vögel teilweise völlig anders als wir, weil sie z.b. eine "Farbe" mehr sehen können als der Mensch. So befinden sich im Taubenauge sogenannte Chryptochrome, die nach Meinung einiger Wissenschaftler für die Wahrnehmung von Magnetfeldern erforderlich sind. Neuere Studien vermuten sogar, dass diese Orientierung über die Magnetfelder fast ausschließlich im rechten Auge abläuft.
Solche Dinge finde ich hochinteressant. Leider wäre da noch sehr viel Forschung notwendig. Aber ob uns das dann am Ende bei der Zucht guter Reisetauben hilft, ist noch einmal eine andere Sache... | | |
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