| Wenn ich hier in den letzten Tagen schon darüber spreche, wie wir unsere Tauben selektieren und welche Ansprüche wir an die Reiseleistung stellen und auf was wir achten, wenn wir uns versuchen mit einzelnen Tauben zu verstärken, dann möchte ich nicht versäumen zu ergänzen, dass wir uns auch immer Gedanken darüber machen wie ein Schlag, von dem wir überlegen uns Tauben dazuzuholen, seine Leistungen erzielt.
Denn aus unserer Sicht gibt es, wenn man so will, zwei Sorten von Schlägen: die einen erzielen ihre sehr guten Leistungen mit relativ wenig Aufwand, ohne großes Privattraining, ohne Massen an Zusatzprodukten und ohne ständige Medikamentengaben und die anderen - ich nenne die Tauben dieser Schläge immer "Systemtauben" - tun genau das Gegenteil. Sowohl so, als auch so, kann man erfolgreich Tauben spielen.
Aber wir haben eine sehr genaue Vorstellung davon wie wir selbst unsere Tauben erfolgreich spielen möchten: relativ einfache Versorgung, sehr wenige Medikamentengaben (besonders während der Reise) und keinerlei privates Training.
Wenn wir uns nun also umschauen wo wir vielleicht gute Tauben finden können, dann müssen es zuvorderst natürlich Tiere von einem Züchter sein, mit dem wir uns verstehen und mit dem wir sofort eine gute "Basis" im Kontakt finden.
Dann sollte dieser Züchter die Tauben möglichst ähnlich führen, wie wir selbst es tun. Ohne großen Schnickschnack und Aufwand. Gerade hinsichtlich Medikamentengaben sind wir da sehr aufmerksam. Es gibt ja Züchter, die sagen: "Wir geben wenig Medizin, in der Reise auch möglichst wenig und außerhalb der Reise sowieso." Und wenn man dann genauer nachfragt, dann machen sie vor der Reise diverse Kuren um die Tauben "sauber zu machen" und in der Reise gibt es dann z.b. 3 - 4 mal etwas gegen Trichomonaden (z.b. durch Tabletten oder Metro-Kropfspülungen), dann noch 3-4 mal etwas "für die Luftwege" (die verschiedenen Präparate sind da ja auch hinlänglich bekannt) und schließlich noch ab und an was für den Darm oder gegen Pilze etc. - Und das bedeutet dann folglich, dass man in 13, 14, oder 15 Flugwochen im Grunde genommen fast jede Woche ein Medikament gibt.
Von solchen Beständen wollen wir keine Tauben haben. Man kann ehrlich darüber sprechen und jeder kann das alles tun wie er möchte, aber uns helfen Tauben aus solchen Beständen in der Regel in keiner Weise weiter.
Konkret: wer schon vor der Reise damit beginnt mit Baytril und diversen Atemwegspräparaten zu behandeln, der wird sicherlich nicht in der Reise plötzlich damit aufhören (können).
Unser System mit den Beiprodukten habe ich schon häufig beschrieben. Es ist recht einfach und über das ganze Jahr praktisch gleich. Es ist dabei nicht entscheidend, dass wir die Produkte von Dr. Marien nehmen. Es gibt andere Produkte von anderen Firmen, die sicherlich genauso gut sind. Das kann jeder für sich selbst testen. Aber aus Beständen, die in der Reise jeden Tag verschiedene andere Produkte ins Wasser und an das Futter geben, um die Tauben gesund zu halten oder in Form zu bringen und diese zu halten, wollen wir auch keine Tauben. Das passt nicht zu unseren Tauben und zu unserem System. Wir halten das für überflüssig und eher etwas schädlich für die Qualität des Bestandes auf die Dauer. Beispielsweise würden wir keine Tauben aus Beständen einführen, welche 365 Tage im Jahr ihr Trinkwasser ansäuern. So etwas ist aus unserer Sicht nicht gut für die Widerstandskräfte eines Bestandes.
Insofern unterhalten wir uns gerne auch mit Sportfreunden, welche die Tauben völlig anders führen als wir. Aber Tauben aus solchen Beständen bringen uns eher selten weiter.
An dieser Stelle sollte man als Züchter auch ehrlich miteinander umgehen. Denn wenn jemand es bevorzugt rund um das Jahr und in der Reise viele Produkte und/oder Medikamente einzusetzen, dann spricht grundsätzlich nichts dagegen. Das soll jeder tun wie er es für richtig hält. Nur muss es einfach auch passen. Und für uns passen Tauben aus diesen Schlägen eher selten bis nie, denn wir beobachten oft, dass sie anfälliger sind für Krankheiten und auch bei schwierigen Flugverläufen schneller ausbleiben etc. als unsere Tiere.
Als Letztes achten wir darauf mit welchen Tauben ein Schlag seine guten Leistungen erzielt. Das bedeutet für uns zunächst einmal zu schauen, ob jemand mit Weibchen gut reist oder mit Witwervögeln oder ob er beide Geschlechter reist und ob es dort große Unterschiede hinsichtlich der Leistung von Weibchen und Vögeln gibt.
Sind die Leistungen von beiden Geschlechtern annähernd gleich, dann ist es für uns in Ordnung. Reisen in einem Schlag (wie es oft vorkommt) die Weibchen deutlich besser als die Vögel, kommt es eher nicht für uns in Frage uns mit Tauben aus diesem Bestand zu verstärken. Manchmal reist ein Schlag sehr gut nur mit Weibchen, hat aber im Bestand viele Tauben von einem oder mehreren Züchtern, die sehr gut mit Vögeln reisen. Dann ist es für uns ok auch aus diesem Schlag mal Tauben zu testen.
Reist ein Schlag aber seit Jahren nur noch gut mit Weibchen und hat Tauben, die wir praktisch nicht kennen (von ihrer Abstammung her), dann würden wir solche Tauben nicht einführen wollen. Sie passen in der Regel nicht zu unseren Tauben.
An dieser Stelle mal eine kleine Anmerkung: Sportfreunde, die stark mit Weibchen spielen, selektieren ihre Tauben oft darauf, dass sie während der Reise nicht besonders paarig sind und dass die Weibchen in der Reisesaison nicht dazu neigen untereinander zu paaren. Das ist für diese Züchter auch nachvollziehbar und absolut richtig. Aber für uns, die wir nur mit Vögeln reisen, sind solche Weibchen immer sehr schwierig, weil sie oft nicht so feurig sind, nicht so paarig, manchmal mehr fixiert auf den Züchter als auf ihren Partner. Wir aber brauchen top Witwerweibchen, die sehr paarig sind und stark angebunden sind an ihren Partner usw. Das ist schon ein Unterschied bei durchgezücheten Beständen.
Insgesamt kann ich sagen, dass es für uns nicht immer ganz leicht ist hinsichtlich vermeintlicher Verstärkungen das Richtige für uns zu finden. Aber es macht mir auch Spaß. Ich studiere dann Preislisten, nehme manchmal Kontakt zu Züchtern auf, deren Leistungen für uns interessant sind und dann muss man schauen ob ein ehrlicher Austausch zustande kommt und man sich irgendwie sympathisch ist. Denn ohne den guten Kontakt zwischen den Züchtern geht es schon gar nicht. | | |
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